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Bürgerversammlung: Viel Kritik am Rheinwasser-Transport

30.03.2023 / 13:47 Uhr — Dormago / duz

Foto: Dormago / Screenshot Das Interesse an Informationen zur Rheinwassertransportleitung war groß
Das Interesse an Informationen zur Rheinwassertransportleitung war groß Das Jahrhundert-Projekt soll von Dormagen aus die Tagebauseen füllen
Das Jahrhundert-Projekt soll von Dormagen aus die Tagebauseen füllen
Rheinfeld. Es sind enorme Mengen Rheinwasser, die über mindestens vier Jahrzehnte von Rheinfeld aus in die Tagebauseen Garzweiler und Hambach transportiert werden sollen. Entnommen werden nach den aktuellen Planungen insgesamt rund 380 Millionen Kubikmeter Rheinwasser jährlich. Die Füllung des Garzweiler Lochs hatten die Behörden bereits abgesegnet - da kam der Kompromiss der Landesregierung mit der vorzeitigen Beendigung des Tagebaus Hambachs zum Ende dieses Jahrzehnts. Um auch dort einen neuen See mit einer Tiefe von circa 325 m schnellstmöglich entstehen zu lassen, wurde die Planung für die Rheinwasser-Entnahmestelle Rheinfeld in einigen Punkten geändert. Die genehmigte Trasse für Garzweiler sollte auch für Hambach die Vorzugstrasse sein. Statt der ursprünglich zwei 1,4m-Rohre sind nun drei 2,2m-Rohre vorgesehen. Die Wasserentnahme aus dem Rhein soll von 4,2 auf 18 Kubikmeter pro Sekunde erhöht werden. Und dafür ändern sich auch die Maße des Pumpbauwerks mit 18 Pumpen. Oberirdisch soll dies die Grundfläche 45 x 40m, unterirdisch 45 x 100m haben.

Ein Insider des Braunkohlenausschusses hatte von Beginn an Bedenken gegen die Umplanung. Die Befürchtung: Nachdem der Wasserweg Richtung Garzweiler relativ geräuschlos alle gesetzlichen Hürden genommen hatte, könnten veränderte Rahmenbedingungen öffentliche Kritik entfachen. In der Tat: Nachdem Carina Siepen und Inge Gilz mittels einer Facebook-Gruppe das Thema aufgriffen und viele Gespräche führten, lud die Stadt Dormagen kurzfristig zu einer Bürgerversammlung ins Dormagener Schützenhaus ein. Das war gestern Abend bis auf den berühmten letzten Platz gefüllt, etwa 400 vornehmlich in Rheinfeld beheimatete Frauen und Männer wollten mehr wissen. Vertreter der Bezirksregierung Köln und von RWE Power informierten und antworteten auf Fragen unter der Moderation von Bürgermeister Erik Lierenfeld.

Für die Vertreter von RWE Power steht fest: „Die Prüfung von Alternativen lässt keine andere Lösung als den Standort Rheinfeld“ für das Großprojekt zu. Auch die ins Gespräch gebrachte Trasse über den Silbersee lasse sich aufgrund der Besiedlung und des besonders geschützten FFH-Gebietes nicht realisieren. Die Rheinwasserqualität erfülle die Voraussetzungen, um den Garzweiler See und den eines Tages volumenmäßig zweitgrößten See Deutschlands „Hambach“ zu befüllen. Hier setzten die Zweifel von Norbert Grimbach an. Der Vorsitzende des Naturschutzbeirates im Rhein-Kreis Neuss kann nicht nachvollziehen, dass ausgerechnet dort Wasser abgezapft werde, wo zwar geklärte aber immer noch belastete Reststoffe aus den nahen Chemieanlagen in den Rhein kämen.

Beweissicherung mit Blick auf Gebäudeschäden
Die Frage des Rheinfelders Reinhard Hauschild nach einer Beweissicherung angesichts der durch die Verpressung von Leitungen möglichen Gebäudeschäden beantwortete RWE Power mit einer Zusage: „Wir gehen aufgrund unserer Erfahrungen nicht von Schäden aus, aber wir können in bestimmten Bereichen eine Beweissicherung durchführen. Bei mehr als 200 Meter entfernten Gebäuden sind Auswirkungen definitiv ausgeschlossen.“ Er wolle neben seinem Hof bauen und will das Grundstück nicht für den Leitungsbau zur Verfügung stellen, „werde ich enteignet“, fragte ein Landwirt. Die Antwort: Wenn Baurecht in der Leitungstrasse vorhanden sei, könne RWE Power mit Blick aufs Allgemeinwohl das „Grundabtretungsrecht“ geltend machen, wenn alle notwendigen Beschlüsse gefasst seien. Carina Siepen wies auf mögliche Umsatzeinbußen während des Baus hin und nahm zur Kenntnis, dass alle Zufahrten auch zum Landgasthaus Piwipp sichergestellt werden, Umsatzausfälle allerdings nicht vorgesehen sind. In der Bauphase wolle RWE Power wie schon bei anderen Projekten mit dem Konzept „Offenes Baubüro“ arbeiten: „Wir haben immer Lösungen gefunden.“

Angesprochen wurden gestern Abend nahezu alle Themen, die mit dem „Jahrhundert-Bauwerk“ zusammenhängen. Von der Lärm- über die Verkehrsentwicklung, die Deichquerung, Sicherungsmaßnahmen bei Katastrophen, Auswirkungen auf die Schifffahrt sowie den Fischbestand bis hin zur Gestaltung des Großgebäudes („Wir wollen unterhalb der Deichkrone bleiben, das Bauwerk soll optisch so gestaltet werden, dass es nicht besonders auffällt“). Die Vertreter der Bezirksregierung und von RWE Power hatten nicht immer einen leichten Stand, auch weil sie gar nicht für alle Fragen und Lösungen zuständig sind. Die Vertreter des Unternehmens und der Bezirksregierung warben geradezu dafür, alle Einwände und Stellungnahmen bis zum 17. April an die Behörde zu schicken. Für die Träger öffentlicher Belange endet die Frist morgen am 31. März. „ich kann Sie beruhigen, wir sind mit unserer Stellungnahme fertig“, erklärte der Bürgermeister. Lierenfeld beschrieb zudem einen gewissen Sinneswandel: „Vor ein paar Monaten war ich der Meinung, da ist nichts mehr zu machen. Jetzt frage ich, ob das gesamte Verfahren angesichts der veränderten Ausgangsposition noch korrekt ist?“ Und letztlich gelte: „Die Messe ist gelesen, wenn alles gelesen ist. Auch die Stadt ist übrigens im betroffenen Bereich Grundstückseigentümer...“

Äußerungen (Einwendungen oder Stellungnahmen) zum Plan/Vorhaben können noch bis zum 17. April (einschließlich) vorgebracht werden:
- per Mail an braunkohlenplanung@brk.nrw.de
- per Post an die Bezirksregierung Köln, Dezernat 32, 50606 Köln
- per Fax an die Bezirksregierung 0221 147 2905
- zur Niederschrift bei der Bezirksregierung Köln
- Abgabe im Rathaus Dormagen, die weiterleitet.

Weitere Informationen zur gesamten Planung im Internet.

“Warum nicht mal durch solche Röhren gehen können?
Eine spezielle Sicht der Dinge zum Thema hat die Dormagener FDP. Torsten Günzel, Mitglied des Umweltausschusses, erklärt in einer nach der Versammlung verschickten Pressemitteilung: „Bei aller Skepsis ergeben sich auch Chancen für uns in Dormagen. Wenn wir es schaffen, das Bauwerk geschickt in die Landschaft zu integrieren und Besucher zum Verweilen eingeladen werden, profitiert im besten Fall auch lokale Gastronomie. Mit Infotafeln, digitalen Anzeigen, eventuell transparenten Einsichten in das Pumpenbauwerk kann man dieses auch als interessantes Ausflugsziel für technisch interessierte Gäste gestalten. Wieso soll man nicht auch mal einige Meter durch solche Röhren gehen können? Webcams könnten bereits in Dormagen zeigen, wie das Wasser im Tagebau eingebracht wird. Dazu sollte auch ein Teil der Ausgleichsmaßnahmen freiwillig auf unserem Stadtgebiet stattfinden. Gemeinsam mit RWE hier ein für Dormagen verträgliches, aber auch spannendes und zukunftsweisendes Projekt gestalten und für Dormagen das Beste aus dieser Maßnahme heraus holen sollte das Motto sein.“
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