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Chemie: Tarifkompromiss mit einem bundesweiten Novum
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Wenige Tage vor Ablauf der Friedenspflicht haben sich die Chemie-Gewerkschaft IGBCE und der Arbeitgeberverband BAVC auf einen Tarifkompromiss verständigt. Er sieht für die bundesweit 585.000 Beschäftigten der chemisch-pharmazeutischen Industrie Entgelterhöhungen im Gesamtvolumen von 6,85 Prozent vor. Tarifbeschäftigte IGBCE-Mitglieder erhalten darüber hinaus künftig einen freien Tag im Jahr zusätzlich. Eine solche Vorteilsregelung in einem großen Flächentarifvertrag ist ein bundesweites Novum. Außerdem wird der Bundesentgelttarifvertrag (BETV) modernisiert und damit die Aufstiegschancen in der Branche verbessert.
Der Einigung im rheinland-pfälzischen Bad Breisig waren zweitägige Verhandlungen vorausgegangen. Zuvor hatte es in neun regionalen und zwei bundesweit zentralen Verhandlungsrunden kein Ergebnis gegeben. Die Friedenspflicht wäre Ende Juni ausgelaufen. „Beide Verhandlungsseiten haben sich nichts geschenkt. Aber am Ende steht ein Ergebnis, mit dem die Chemie-Sozialpartner die Talfahrt bei den Reallöhnen stoppen und die Tarifbindung stärken“, sagt der aus Dormagen stammende IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis. „Das nutzt nicht nur Kaufkraft und Binnenkonjunktur, mit der attraktiven Regelung exklusiv für Gewerkschaftsmitglieder beweisen IGBCE und BAVC einmal mehr ihre tarifpolitische Innovationskraft. Damit senden die Arbeitgeber ein klares Zeichen der Wertschätzung an diejenigen Beschäftigten, die mit ihrem gewerkschaftlichen Engagement Tarifverträge erst möglich machen.“
„Nach zähem Ringen haben wir in allen unseren Forderungspunkten vorzeigbare Ergebnisse erzielen können“, bilanziert Oliver Heinrich, IGBCE-Tarifvorstand und Verhandlungsführer. Ohne die Unterstützung von Zehntausenden Beschäftigten, die in den vergangenen Wochen - auch im Umfeld des Dormagener Chemparks - auf die Straße gegangen sind, wäre das aus Sicht der Gewerkschaft nicht möglich gewesen. „Mit diesem Tarifabschluss nah an unserer Forderung geht es bei den Reallöhnen für die Chemie-Beschäftigten endlich wieder bergauf, und wir sind auf gutem Weg, die Inflationskrise hinter uns zu lassen.“ Beim Mitgliederbonus habe man am Ende eine einfache Lösung ausgehandelt, deren Vorteil sich für die Menschen sofort erschließe und der die Betriebe nicht überfordere. „Damit schlagen wir ein neues Kapitel in der Tarifpolitik auf.“
Die IGBCE stellt die Einigung im Detail vor
Deutliches Einkommensplus: Die Entgelte und Ausbildungsvergütungen steigen in zwei Stufen. Im laufenden Jahr 2024 erhalten die Beschäftigten - zusätzlich zur Entgelterhöhung von 3,25 Prozent und steuerfreier Inflationsausgleichsprämie von 1500 Euro im Januar aus dem letzten Tarifabschluss - ab September weitere 2 Prozent mehr. Ab April 2025 steigen die Einkommen um nochmals 4,85 Prozent. Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten können die zweite Stufe um maximal drei Monate verschieben. Legt man die Inflationsprognosen der Bundesregierung für 2024 und 2025 zugrunde, wachsen die Reallöhne und damit die Kaufkraft der Chemiebeschäftigten in den beiden Jahren um insgesamt sechs Prozentpunkte.
Ein freier Tag exklusiv für IGBCE-Mitglieder: Erstmals umfasst ein großer Flächentarifvertrag eine Vorteilsregelung für Gewerkschaftsmitglieder. Sie erhalten ab 2025 einen zusätzlichen freien Tag, über den sie frei verfügen können. In Jahren mit Mitgliedsjubiläum sind es zwei freie Tage. Diese Regelung ist verbunden mit dem klaren Commitment der Arbeitgeber, sie ausschließlich auf IGBCE-Mitglieder anzuwenden. Den freien Tag erhalten alle nach Tarifvertrag beschäftigten aktiven Mitglieder, die länger als drei Monate in der IGBCE organisiert sind, als Ausgleich für ihr gewerkschaftliches Engagement. Sie müssen ihre Mitgliedschaft dazu beim Arbeitgeber nachweisen.
Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags: Höhergruppierungen und Vertretungsregelungen werden finanziell attraktiver gestaltet. Gleichzeitig wollen beide Seiten in den kommenden Monaten den BETV nachhaltig weiterentwickeln. Unter anderem sollen die Aufstiegschancen in den niedrigeren Entgeltgruppen verbessert und Unterschiede in den Entgelthöhen zwischen kaufmännischen, technischen und Meistertätigkeiten abgebaut werden. Ziel der Modernisierung ist es, den Beschäftigten bessere Jobperspektiven zu geben und die Branche als Arbeitgeberin attraktiver zu machen.
„Fachkräfteradar“ zur Beschäftigungssicherung: Mit einem neuen Instrument wollen die Chemie-Sozialpartner Arbeitslosigkeit vermeiden und Fachkräfte in der Branche halten. Beschäftigte, deren Arbeitsplatz durch Jobabbau oder Standortschließungen gefährdet ist, sollen innerhalb der Branche weitervermittelt werden. Dazu schaffen die Tarifparteien gemeinsam mit einem externen Partner eine branchenweite Plattform, die aus dem Unterstützungsfonds der chemischen Industrie (UCI) finanziert wird.
Der Tarifvertrag tritt am 1. Juli 2024 in Kraft und hat eine Gesamtlaufzeit von 20 Monaten. Gleichzeitig wird die Schlichtungsvereinbarung in der Chemie wieder eingesetzt.
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27.06.2024 / 15:33 Uhr — Info IGBCE / duz
Der Einigung im rheinland-pfälzischen Bad Breisig waren zweitägige Verhandlungen vorausgegangen. Zuvor hatte es in neun regionalen und zwei bundesweit zentralen Verhandlungsrunden kein Ergebnis gegeben. Die Friedenspflicht wäre Ende Juni ausgelaufen. „Beide Verhandlungsseiten haben sich nichts geschenkt. Aber am Ende steht ein Ergebnis, mit dem die Chemie-Sozialpartner die Talfahrt bei den Reallöhnen stoppen und die Tarifbindung stärken“, sagt der aus Dormagen stammende IGBCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis. „Das nutzt nicht nur Kaufkraft und Binnenkonjunktur, mit der attraktiven Regelung exklusiv für Gewerkschaftsmitglieder beweisen IGBCE und BAVC einmal mehr ihre tarifpolitische Innovationskraft. Damit senden die Arbeitgeber ein klares Zeichen der Wertschätzung an diejenigen Beschäftigten, die mit ihrem gewerkschaftlichen Engagement Tarifverträge erst möglich machen.“
„Nach zähem Ringen haben wir in allen unseren Forderungspunkten vorzeigbare Ergebnisse erzielen können“, bilanziert Oliver Heinrich, IGBCE-Tarifvorstand und Verhandlungsführer. Ohne die Unterstützung von Zehntausenden Beschäftigten, die in den vergangenen Wochen - auch im Umfeld des Dormagener Chemparks - auf die Straße gegangen sind, wäre das aus Sicht der Gewerkschaft nicht möglich gewesen. „Mit diesem Tarifabschluss nah an unserer Forderung geht es bei den Reallöhnen für die Chemie-Beschäftigten endlich wieder bergauf, und wir sind auf gutem Weg, die Inflationskrise hinter uns zu lassen.“ Beim Mitgliederbonus habe man am Ende eine einfache Lösung ausgehandelt, deren Vorteil sich für die Menschen sofort erschließe und der die Betriebe nicht überfordere. „Damit schlagen wir ein neues Kapitel in der Tarifpolitik auf.“
Die IGBCE stellt die Einigung im Detail vor
Deutliches Einkommensplus: Die Entgelte und Ausbildungsvergütungen steigen in zwei Stufen. Im laufenden Jahr 2024 erhalten die Beschäftigten - zusätzlich zur Entgelterhöhung von 3,25 Prozent und steuerfreier Inflationsausgleichsprämie von 1500 Euro im Januar aus dem letzten Tarifabschluss - ab September weitere 2 Prozent mehr. Ab April 2025 steigen die Einkommen um nochmals 4,85 Prozent. Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten können die zweite Stufe um maximal drei Monate verschieben. Legt man die Inflationsprognosen der Bundesregierung für 2024 und 2025 zugrunde, wachsen die Reallöhne und damit die Kaufkraft der Chemiebeschäftigten in den beiden Jahren um insgesamt sechs Prozentpunkte.
Ein freier Tag exklusiv für IGBCE-Mitglieder: Erstmals umfasst ein großer Flächentarifvertrag eine Vorteilsregelung für Gewerkschaftsmitglieder. Sie erhalten ab 2025 einen zusätzlichen freien Tag, über den sie frei verfügen können. In Jahren mit Mitgliedsjubiläum sind es zwei freie Tage. Diese Regelung ist verbunden mit dem klaren Commitment der Arbeitgeber, sie ausschließlich auf IGBCE-Mitglieder anzuwenden. Den freien Tag erhalten alle nach Tarifvertrag beschäftigten aktiven Mitglieder, die länger als drei Monate in der IGBCE organisiert sind, als Ausgleich für ihr gewerkschaftliches Engagement. Sie müssen ihre Mitgliedschaft dazu beim Arbeitgeber nachweisen.
Modernisierung des Bundesentgelttarifvertrags: Höhergruppierungen und Vertretungsregelungen werden finanziell attraktiver gestaltet. Gleichzeitig wollen beide Seiten in den kommenden Monaten den BETV nachhaltig weiterentwickeln. Unter anderem sollen die Aufstiegschancen in den niedrigeren Entgeltgruppen verbessert und Unterschiede in den Entgelthöhen zwischen kaufmännischen, technischen und Meistertätigkeiten abgebaut werden. Ziel der Modernisierung ist es, den Beschäftigten bessere Jobperspektiven zu geben und die Branche als Arbeitgeberin attraktiver zu machen.
„Fachkräfteradar“ zur Beschäftigungssicherung: Mit einem neuen Instrument wollen die Chemie-Sozialpartner Arbeitslosigkeit vermeiden und Fachkräfte in der Branche halten. Beschäftigte, deren Arbeitsplatz durch Jobabbau oder Standortschließungen gefährdet ist, sollen innerhalb der Branche weitervermittelt werden. Dazu schaffen die Tarifparteien gemeinsam mit einem externen Partner eine branchenweite Plattform, die aus dem Unterstützungsfonds der chemischen Industrie (UCI) finanziert wird.
Der Tarifvertrag tritt am 1. Juli 2024 in Kraft und hat eine Gesamtlaufzeit von 20 Monaten. Gleichzeitig wird die Schlichtungsvereinbarung in der Chemie wieder eingesetzt.