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Aktion „Bennett will leben“ - Fragen zu Typisierung und Knochenmarkspende

08.07.2015 / 16:29 Uhr — bs

Pressefotos
Foto: DKMS Für Bennet wird ein geeigneter Knochenmarkspender gesucht
Für Bennet wird ein geeigneter Knochenmarkspender gesucht
Dormagen-Nievenheim. Am kommenden Sonntag wird an der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule von 11 bis 17 Uhr eine große Typisierungsaktion für potentielle Knochenmarkspender durchgeführt (Dormago berichtete). Anlass ist die Erkrankung des zweijährigen Bennetts aus Nievenheim. Das Aktionsteam bittet alle Interessierten, die sich registrieren lassen möchten, nach Möglichkeit den Termin am Sonntag wahrzunehmen, da dann 60 Ärzte, Datenerfasser und Helfer für einen reibungslosen Ablauf sorgen können. Besucher des Schützenfestes können vor oder nach der Königsparade und dem Festumzug einen Zwischenstopp an der Gesamtschule einlegen und sich nach der Typisierung in der Cafeteria stärken. Für die Jüngsten wird Kinderschminken, Ponyreiten, eine Hüpfburg zum Toben und eine Tombola angeboten.

In Dormagen haben sich bislang 2.379 Bürger typisieren lassen, davon haben bis heute 25 Stammzellen gespendet und damit 25 Patienten Hoffnung auf ein zweites Leben geschenkt. Aber immer noch gibt es viele Fragen zum Thema Knochenmarkspende. Die wichtigsten beantwortet Bettina Steinbauer, Aktionsleiterin der Spenderneugewinnung bei der
Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) im Interview:

Frage: Wer kommt als Spender in Frage, wer nicht?
Bettina Steinbauer: Grundsätzlich kommt jeder gesunde Mensch zwischen 17 und 55 Jahren, der mindestens 50 kg wiegt, als Spender in Frage. Ausschlussgründe sind unter anderem schwere Erkrankungen des Herzens oder der Lunge, Krebserkrankungen, Hepatitis B, C oder D oder auch chronische Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes. Für Detailfragen steht am Aktionstag ein DKMS- Betreuer vor Ort zur Verfügung.

Warum ist die Altergrenze auf 55 Jahre beschränkt?
Bettina Steinbauer: Ein höheres Spenderalter gilt nach Literaturlage als eindeutiger Risikofaktor für den Erfolg der Transplantation. Aus diesem Grund gibt es einen Konsensus zwischen medizinischer Dachgesellschaft, den Spenderdateien und dem Zentralregister, der diese bekannte Altersobergrenze für Deutschland festgelegt hat. Und dies übrigens im internationalen Vergleich recht großzügig; es gibt Dateien in Nachbarländern, die bereits bei 35 die Obergrenze setzen. All unsere Spender bleiben bis zur Vollendung des 61. Lebensjahres in der DKMS als potentieller Stammzellspender aktiv.

Frage: Wie läuft die Registrierung am Aktionstag ab?
Bettina Steinbauer: Nach dem Ausfüllen einer Einverständniserklärung werden dem Spender fünf Milliliter Blut aus der Armvene entnommen. Das Blut wird anschließend in einem Labor typisiert. Für den Spender ist das am Aktionstag zunächst eine Sache von 5-10 Minuten und ein kleiner Pieks. Damit ist der erste Schritt getan, um einem Menschen das Leben retten zu können.

Frage: Wonach wird die Blutprobe untersucht?
Bettina Steinbauer: Bei einer Typisierung werden die Gewebemerkmale des Blutes bestimmt. Die Blutgruppe spielt hier keine Rolle. Die Befunde werden anschließend anonymisiert an das Zentrale Knochenmarkspender Register (ZKRD) in Ulm weitergeleitet, wo sie für Patientenanfragen aus dem In- und Ausland zur Verfügung stehen.

Frage: Die Aufnahme in die DKMS kostet 50 Euro. Wofür wird das Geld benötigt?
Bettina Steinbauer: Die Bestimmung der Gewebemerkmale des Blutes ist eine sehr aufwendige Laboruntersuchung. Für die Neuaufnahme eines potenziellen Lebensspenders entstehen der DKMS Kosten in Höhe von 50,- Euro, die weder von den Krankenkassen übernommen noch staatlich bezuschusst werden, sondern allein durch Spendengelder finanziert werden müssen. Wir wissen natürlich, dass nicht jeder seine Typisierungskosten selbst tragen kann. Aber auch kleine Beträge helfen. Jeder Euro zählt!

Frage: Wann kommt man als Stammzellenspender in Frage?
Bettina Steinbauer: Die Gewebemerkmale von Patient und Spender müssen nahezu hundertprozentig übereinstimmen, damit eine Transplantation erfolgreich durchgeführt werden kann. Anders als bei den verschiedenen Blutgruppen, ist die Übereinstimmung der Gewebemerkmale zweier Menschen allerdings äußerst selten. Deshalb ist es sehr wichtig, dass so viele Menschen wie möglich als potenzielle Stammzellspender registriert sind.

Frage: Was geschieht mit den Blutproben, die abgegeben werden?
Bettina Steinbauer: Alle Blutproben der Aktion werden sofort nach der Aktion ins Labor gebracht und untersucht! Im Labor werden zehn Gewebemerkmale analysiert. Entscheidend für eine Stammzellspende ist die Übereinstimmung von mindestens acht Gewebemerkmalen zwischen Patient und Spender.

Frage: Gesetzt den Fall, die HLA-Merkmale eines Spenders stimmen mit denen eines Patienten überein. Was geschieht danach?
Bettina Steinbauer: Kommt man als Spender für einen Patienten in Frage, kommt es zu einer Bestätigungstypisierung. Der potenzielle Spender wird gebeten, erneut eine Blutprobe abzugeben. Wird der Befund bestätigt, ist der Zeitpunkt gekommen, an dem sich der potenzielle Spender endgültig entscheiden muss, ob er für den Patienten zur Verfügung stehen will. Wenn er "ja" sagt, wird bei ihm ein gründlicher Gesundheits- Check-up durchgeführt.
Die bloße Registrierung bei der DKMS beinhaltet zunächst nicht die bindende Verpflichtung zu einer tatsächlichen Stammzellspende. Denn oft kommt es erst nach Jahren zu einer Anfrage für eine Stammzellspende und in dieser Zeit können im Leben eines Spenders Umstände (z.B. Krankheiten) eingetreten sein, die eine Stammzellspende unmöglich machen. Natürlich sollte jeder zum Zeitpunkt der Typisierung grundsätzlich zu einer Spende bereit sein.

Frage: Was passiert bei einer Knochenmark- oder Stammzellentnahme?
Bettina Steinbauer: Es gibt zwei verschiedene Entnahmeverfahren:
1. Seltener durchgeführt wird die Knochenmarkentnahme, bei der dem Spender das Blut-Stammzellgemisch unter Vollnarkose direkt aus dem Beckenkamm (nicht Rückenmark!) entnommen wird. Es bildet sich übrigens nach zwei Wochen wieder vollständig nach.
2. Die wesentlich häufigere Methode (80%) ist die periphere Stammzellentnahme: Dem Spender wird über mehrere Tage ein Medikament verabreicht, welches die Produktion der Stammzellen im Knochenmark anregt und diese in die Blutbahn ausschwemmt. Nach dieser Vorbehandlung werden die Stammzellen über ein spezielles Verfahren aus dem Blut gesammelt

Frage: Muss sich der Spender auf einen längeren Krankenhausaufenthalt gefasst machen?
Bettina Steinbauer: Bei der Knochenmarkentnahme aus dem Beckenkamm ist in der Regel ein Krankenhausaufenthalt von etwa drei Tagen erforderlich (1. Tag: Aufnahme, 2. Tag: Entnahme, 3.Tag: Entlassung). Der ganze Eingriff selbst dauert etwa eine Stunde.
Die periphere Entnahme der Stammzellen erfolgt ambulant in einer Entnahmeklinik und dauert in der Regel drei bis vier Stunden. Eventuell ist eine zweite Entnahme am Folgetag notwendig. Der Spender wird nicht stationär aufgenommen, sondern übernachtet im Hotel.

Frage: Was sind die Anzeichen für einen Erfolg einer Stammzelltransplantation?
Bettina Steinbauer: Nach etwa zwei bis vier Wochen gibt der Anstieg der weißen Blutkörperchen erste Anhaltspunkte dafür, ob die neuen Stammzellen ihre Aufgabe aufgenommen haben und – wie gewünscht - gesunde Blutzellen bilden. Ist beim Patienten ein stetiger Anstieg weißer Blutkörperchen nachweisbar ist, steigt auch seine Chance auf ein zweites Leben.

Frage: Welche Risiken gibt es bei der Stammzellentnahme?
Bettina Steinbauer: Bei der Knochenmarkentnahme besteht gegebenenfalls für ein paar Tage ein lokaler Wundschmerz. Das Risiko beschränkt sich bei dieser Methode auf das übliche Narkoserisiko.
Bei der peripheren Stammzellentnahme können während der Stimulation (Anregung) der Stammzellproduktion durch die körpereigene Substanz G-CSF Gliederschmerzen auftreten, die mit denen während einer Grippe vergleichbar sind. Diese können mit einem leichten Schmerzmittel sehr gut behandelt werden. Mit der Spende klingen die Schmerzen umgehend ab.

Frage: Welches Krankenhaus entnimmt dem Spender Stammzellen?
Bettina Steinbauer: Die DKMS kooperiert bundesweit mit ausgesuchten und routinierten Entnahmezentren. Die gesamte Reiseabwicklung inklusive Unterkunft übernimmt die DKMS für ihre Spender. Dem Spender entstehen keine Kosten.

Frage: Dürfen sich Patient und Spender kennenlernen?
Bettina Steinbauer: Die deutschen Richtlinien sehen vor, dass sich Spender und Patient erst zwei Jahre nach der Spende persönlich kennen lernen dürfen. In der Zwischenzeit können Spender bereits anonym Kontakt zum Patienten aufnehmen: Über die DKMS können Briefe oder Geschenke ausgetauscht werden. Nach Ablauf der vorgesehenen Kontaktsperre können Spender und Patient sich auch direkt schreiben oder persönlich treffen – wiederum über die DKMS vermittelt, vorausgesetzt Sie und der Patient sind einverstanden. Unsere Erfahrung über die Jahre zeigt: Viele Spender und Patienten wollen einander kennen lernen. Die Begegnungen von Spendern und Patienten sind immer wieder sehr berührende Momente. Nicht selten entstehen tolle Freundschaften.
Kontakt zu Patienten im Ausland:
Bei Spenden ins oder aus dem Ausland gelten häufig andere Regelungen hinsichtlich Kontaktmöglichkeiten von Spender und Patient. Manche Länder sind freizügiger, andere lassen gar keinen Kontakt zu. Die DKMS hilft auch hier gerne dabei, Spender und Patient zusammenzubringen, sofern dies rechtlich erlaubt ist.
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