Wir verwenden für unsere Webseite DORMAGO.de Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung
Dormago: Internetportal für Dormagen

Nachricht

Frauen brauchen viel mehr Mut

10.03.2012 / 19:34 Uhr — bs

Pressefotos Die deutsche Journalistin Bascha (Barbara) Mika studierte Philosophie, Germanistik und Ethnologie. 1988 wurde sie feste Mitarbeiterin der taz und war von 1999 bis zu ihrem Ausscheiden Mitte Juli 2009 deren Chefredakteurin. Mit dem 2011 erschienen Buch „Die Feigheit der Frauen: Rollenfallen und Geiselmentalität. – eine Streitschrift wider den Selbstbetrug“ löste die inzwischen 58-jährige Honorarprofessorin der Berliner Universität der Künste viele Diskussionen aus, sagt sie doch, dass sich zu viele Frauen den bestehenden männlichen Strukturen freiwillig unterwerfen würden.

Am Freitagabend war Bascha Mika auf Einladung der Dormagener Gleichstellungsbeauftragten Ingrid Fleckenstein und des Buchhändlers Jorgos Flambouraris zu Gast in der City-Buchhandling. Mit einer Teilnehmerzahl von etwa 60 Frauen und einer Handvoll Männer wurden die Veranstalter dann doch überrascht. Nach einer Begrüßung durch Ingrid Fleckenstein las Frau Mika zunächst aus ihrem Buch vor. Dabei stellt sie die Theorie auf, dass Frauen in der Regel unter ihren Möglichkeiten bleiben und immer dann versagen, wenn es um sie selbst gehe. Selbst viele der selbstbewussten und gut ausgebildeten Frauen, die ein selbstbestimmtes Leben führen wollen, träumen von einem Mann „bei dem sie sich fallen lassen können“ und bei dem sie Verantwortung abgeben. Sie wollen geliebt und anerkannt werden und der gesellschaftliche Gradmesser für ihr Glück ist die erfolgreiche Paarbindung nach den Vorbildern aus Literatur, Theater und Film. Ohne Partner sehen sie sich als Verliererin, Anerkennung gibt es nur, „wenn das Projekt Mann erfolgreich ist“. Dafür ordnen sie sich unter und wählen die traditionelle Rolle. Auch nach 40 Jahre akzeptieren Frauen noch immer das männlich dominierte System in Beruf und Familie, halten es sogar am Leben.

In der anschließenden Diskussion machte die Autorin zunächst deutlich, dass ihr „Mutmachbuch“ in erster Linie für die Frauen geschrieben ist, die zwar von sich behaupten, selbstbestimmt leben zu wollen, sich aber letztendlich doch dem traditionellem Rollenverhalten unterordnen. Sie machen die Hausarbeit, akzeptieren Machos und stecken bei der Gründung der Familie beruflich zurück. Natürlich hat das System auch Vorteile für sie: sind sie versorgt, scheinbar abgesichert und werden von ihren Partnern in diesen Rollen geliebt. Und am Ende sind sie doch unzufrieden und beginnen zu jammern. Dabei aber hatten sie immer die Wahl – auch bei der Partnerbindung. Mika macht im Gespräch immer wieder deutlich, dass die Strukturen erforscht und bekannt sind. Aber um Veränderungen herbeizuführen, müssten die Frauen schon selbst aktiv werden, denn die Männer hätten verständlicherweise kein Interesse daran. Und wer selbstbestimmt leben will, muss auch den Mut haben, Verantwortung zu übernehmen, zu scheitern und auch bereit sein, ein Leben ohne Partner in Kauf zu nehmen.

Gründe, dass zum Beispiel die skandinavischen Länder, in denen es für Männer selbstverständlich ist, Elternzeit zu nehmen, wesentlich weiter in der Emanzipation der Frauen sind als die Deutschen, sieht Mika in dem schon Jahrhunderte alten traditionellem Familienbild, dass in Deutschland auch dann immer wieder populär wird, wenn Frauen zum Beispiel vom Arbeitsmarkt gedrängt werden sollen.

Die Argumentationen von Bascha Mika sind nachvollziehbar und in vielen Teilen richtig. Allerdings gelten die meisten Aussagen über die Wahlmöglichkeiten, die Frauen haben, tatsächlich nur für gut ausgebildete selbstbewusste Frauen, die in der Lage sind, sich mit einer gesunden Portion Aggressivität durchzusetzen und sich ein Leben ein Stück oberhalb der Armutsgrenze finanziell leisten zu können. Offen bleibt nach wie vor die Frage, was Frauen, die zwar in ihrem Beruf aufgehen, aber zu wenig verdienen, um bequem über die Runden zu kommen, tun können, um ohne Partner selbstbestimmt und gut zu leben.

Fotos: Bärbel Suling
Foto oben: Ingrid Fleckenstein, Bascha Mika, Jorgos Flambouraris
Auf FB Teilen E-Mail Drucker Zurück
Zur Startseite von Dormago.de oder zurück zu letzten Seite