Wir verwenden für unsere Webseite DORMAGO.de Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung
Dormago: Internetportal für Dormagen

Nachricht

Ein Bariton aus Rheinfeld in Frauenkleidern

17.02.2012 / 2:23 Uhr — duz

Pressefotos Köln/Dormagen. Genau hinschauen - auch wenn man ihn aus bestimmten Gründen kaum erkennen kann: Morgen ist das Stück „Kölner Jungfrau - dringend gesucht“ im WDR zu sehen. Mit dabei ist der Rheinfelder Herbert Kurth (Foto rechts), inzwischen ein festes Mitglied des renommierten Kölner Männergesangvereins (KMGV).

Beim vor genau 170 Jahren gegründeten Verein wird nicht nur hervorragend gesungen, seit 1874 führen die Sänger auch das „Divertissementchen“ auf - ein belustigendes Spiel mit kölschem Humor, schmissiger Musik, einem faszinierenden Männerballett und durchaus feiner Kritik an Zeit, Stadt und Gesellschaft. Auf der Bühne sind zwar überwiegend Frauen zu sehen, doch hinter der Verkleidung verbergen sich ausschließlich Männer des Vereins, geschminkt von professionellen Visagistinnen.

Einer der Sänger und Schauspieler ist der gebürtige Kölner Herbert Kurth, der seit geraumer Zeit mit seiner Frau Hannelore in Rheinfeld lebt. Beide sind langjährige Stammgäste bei den Auftritten der „Cäcilia Wolkenburg“ oder auch kurz „Zillche“ genannt, der Theaterabteilung des KMGV. „Schon meine Eltern gingen dorthin“, erinnert sich Kurth. Er spielte gelegentlich mit dem Gedanken, die Rollen zu wechseln, vom Betrachter zum Darsteller zu werden. Was für ihn auch nicht so neu ist, denn er kam schon als Kind zur Musik: „Ich saß vor Schallplatten, habe Arien nachgesungen.“ Vater Peter war Komponist und hätte es gerne gesehen, wenn sein Sohn Herbert am vorhandenen Klavier geübt hätte. „Doch das interessierte mich nicht“, galt neben dem Gesang seine Vorliebe der Gitarre. Mit Freunden gründete er eine Band, spielte in Köln und Umgebung. Später sang er bei Musicals wie Cats und Les Miserables.

Im letzten Jahr war es so weit. Der 65-Jährige wurde in der Pause einer Aufführung auf das mögliche Mitwirken beim KMGV angesprochen. Der Verein braucht Nachwuchs, ist ständig auf der Suche nach guten Sängern. Kurth beriet sich mit seiner Frau, die ihn letztlich davon überzeugte, den Versuch zu wagen. Der ist kein Selbstläufer, denn der Gesangverein wünscht Qualität. Ein Musikausschuss entscheidet nach dem Vorsingen über die Aufnahme. Zweifel gab es aber nicht, der Verein hatte ein neues Mitglied. Einen Bariton. „Ich kann auch Bass oder 2. Tenor“, sagt Herbert Kurth, „ganz hoch allerdings komme ich nicht.“ Was für eine Sängerkarriere: „Nach ein paar Mal vorsingen durfte ich schon mein erstes Highlight auf der Bühne der Kölner Philharmonie erleben.“ An der Stimme wird weiter gearbeitet: Bei der Schulung geht es zum Beispiel um Stimmbildung und Nasentechnik.

Wenn mit der 29. Aufführung der „Jungfrau“ (jeweils drei Stunden und 15 Minuten) das diesjährige Programm in der Kölner Oper endet, dann konzentriert der Männergesangverein sich auf seine anderen Schwerpunkte. Die Männer singen ernsthafte oder auch geistliche Musik und Oratorien. Mindestens ein Konzert findet in der Philharmonie statt: Am 1. Juli wird dort Rossinis letzte Oper „Wilhelm Tell“ mit großem Orchester gespielt. Und auf Herbert Kurth warten weitere interessante Aufgaben. Er kümmert sich ebenfalls ehrenamtlich um Themen der Öffentlichkeitsarbeit. Videos hat er auch schon gedreht. Das geht dann alles ohne die 20 Minuten Schminken vor dem Lustspiel und das spätere viermalige, mitunter blitzschnelle Wechseln der Kostüme. Anstrengende Wochen, doch „das macht alles großen Spaß“.

Die Aufzeichnung der "Kölner Jungfrau - dringend gesucht" wird an diesem Samstag von 9.55 bis 11.35 Uhr im WDR 3 ausgestrahlt. Zum Inhalt: Im Sommer des Jahres 1922 wird eine Frau unter dubiosen Umständen zum ersten weiblichen Oberbürgermeister der Stadt Köln gewählt. Ihre erste Amtshandlung ist die Einführung einer Quotenfrau im Dreigestirn des Kölner Karnevals. Wo Jungfrau draufsteht, soll auch Jungfrau drin sein. Aber so einfach ist das nicht. Die wenigen, die vor der Jury erscheinen sind hässlich und untalentiert. Einzig das Model eines Malers fällt durch Schönheit und Anmut auf. Aber Leonore kommt aus Sachsen und spricht kein Kölsch. Für Jan Op den Hippt, Mitglied der Jury und Professor an der „Akademie för uns kölsche Sproch“ kein Problem. Er wettet, dass er es bis zur nächsten Session schaffen werde, aus der „sächsischen Kraat“ ein echt kölsches Mädchen zu machen.

In intelligent witzigen Dialogen, turbulenten Szenen, mitreißender Musik und ständig wechselnden Kölner Örtlichkeiten, steuert die Geschichte auf einen glanzvollen Höhepunkt zu. Dass jedoch, auf dem großen „Benefizball für Frauen in Not“, die soeben durch perfektes Kölsch als Mitglied der kölschen Hautevolee gefeierte Leonore aus der Rolle fällt, stellt alle Erwartungen auf den Kopf.

Das Gebotene geht weit über den Rahmen des üblichen „Laienspiels“ hinaus. Dafür sorgen die professionellen Fachleute. So Bernhard Steiner, seit 2001 künstlerischer Leiter des KMGV und seit 2003 auch musikalischer Leiter des „Divertissementchens“. Kalle Kubik ist für Regie und Libretto verantwortlich. Die Gesamtleitung liegt bei Zillchen-Baas Mike Koch. Die Bergischen Symphoniker sorgen für die Musik. Fotos: privat
Auf FB Teilen E-Mail Drucker Zurück
Zur Startseite von Dormago.de oder zurück zu letzten Seite