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Sprechzeit: Auf natürliche Art gegen Blattlaus & Co.

06.06.2021 / 11:22 Uhr — Dormago / duz

Pressefotos
Foto: Sprechzeit Viele Gartenfreunde haben das naturnahe Gärtnern für sich entdeckt
Viele Gartenfreunde haben das naturnahe Gärtnern für sich entdeckt
Hier ein Kompostierer, Obstbäume und ein Gewächshaus, dort ein Insektenhotel und eine Wildblumenwiese – in vielen Gärten ist eine kleine Revolution im Gange: Gartenfreunde haben das naturnahe Gärtnern für sich entdeckt und machen aus ihren Gärten kleine Biotope, in denen sich Bienen, Schmetterlinge und Vögel wohlfühlen. Vielfalt lautet das Motto in diesen Gärten, in denen mit der Natur gearbeitet wird, anstatt gegen sie. Doch auch in naturnahen Gärten sind Schädlinge wie Blattläuse, Schnecken oder Buchsbaumzünsler keine gern gesehenen Gäste. Wie man sie auf natürliche Art und Weise bekämpft und worauf es beim natürlichen Gärtnern noch ankommt, dazu informierten Expert:innen in der Sprechzeit am Telefon (2. Juni). Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Nachlesen.

Wie kann ich die Vielfalt in meinem Garten fördern und ihn in ein Biotop verwandeln?
Werner Ollig: Viele Gärten gleichen heute hermetisch abgeriegelten lebensfeindlichen Zonen: Schotterflächen mit Plastikfolie unterlegt, Rollrasen-Monokultur, versiegelte Flächen – das Ganze eingefriedet mit Thujahecken oder Gitterzäunen mit Plastiksichtschutz in schwarz oder grau. Dass Vögel und Insekten in solchen Wüsten keine Überlebenschance haben, liegt auf der Hand. Die Alternative lautet Vielfalt: Naturwiese statt Rasen, Blumen und blühende Sträucher, kontrollierter Wildwuchs, Stauden und Obstbäume. Dem Pflanzenreichtum folgt der Artenreichtum an Tieren fast automatisch: Insekten, Vögel, Igel und andere Gartenbewohner werden Ihren Garten in kürzester Zeit als Lebensraum bevölkern.

Worauf muss ich achten, wenn ich aus einer Rasenfläche eine Wildblumenwiese machen will
Ingo Schlieder: Vor allem brauchen Sie etwas Zeit. Eine über Jahre gedüngte und von Unkraut frei gehaltene Rasenfläche muss zunächst „abmagern“, denn die meisten Pflanzen einer Blumenwiese lieben eher magere Böden. Daher sollte man umgehend aufhören, die Fläche zu düngen. Durch regelmäßiges Sanden kann man die Abmagerung etwas beschleunigen. Rasenschnitt sollte anfangs entfernt werden, um dem Boden weiter Nährstoffe zu entziehen. Bei der Auswahl der Pflanzen achten Sie darauf, dass keine Lupinen oder Kleearten gesät werden, da diese Stickstoff – und damit Nährstoffe – anreichern können.

Ich möchte ein Insektenhotel aufstellen. Was ist der beste Standort?
Sabine Klingelhöfer: Der ideale Standort ist sonnig, aber regengeschützt. Außerdem sollte eine Nisthilfe für Insekten immer an einer Wand befestigt sein, so dass es nicht hin und her schwingt. Das stört die meisten Insekten.

Was kann ich tun, damit meine Rosen nicht krank werden?
Thomas Heß: Rosen leiden häufig unter Pilzbefall. Die beste Vorbeugung ist es, die Widerstandskraft der Pflanzen zu verbessern, indem Sie mit einem organischen Dünger für Blühpflanzen düngen, der nicht zu stickstoffbetont ist. Achten Sie darauf, die Blätter und Blüten beim Gießen nicht zu befeuchten. Feuchte Blätter begünstigen Pilze wie Sternrußtau. Dessen Pilzsporen lassen sich im Frühjahr recht gut mit einer Mulchschicht unterdrücken. Kranke Blätter sollten Sie regelmäßig abschneiden oder absammeln und im Hausmüll entsorgen. Wenn Sie neue Rosen pflanzen, können Sie Pflanzen mit dem ADR-Label verwenden, die von Haus aus widerstandsfähiger gegen Pilzkrankheiten sind.

Wie sorge ich dafür, dass sich Vögel in meinem Garten wohl fühlen?
Thomas Heß: Ganz einfach: Bieten Sie Ihnen Futter, Wasser und Nistgelegenheit. Für Futter sorgen Sie mit dem Anpflanzen von Vogelnährgehölzen wie Felsenbirne, Kornelkirsche, Eberesche oder Hartriegel. Fast alle dieser heimischen Sträucher können auch als Nistplatz dienen. Höhlenbrüter wie Meisen und Halbhöhlenbrüter wie Rotkehlchen oder Rotschwanz benötigen jeweils geeignete Nistkästen. Wasser bieten Sie in Vogeltränken an, die Sie regelmäßig befüllen und reinigen sollten. Und achten Sie beim Pflanzenschutz darauf, möglichst nützlingsschonende Mittel zu verwenden.

Wie kann ich erkennen, welche Schädlinge meinen Pflanzen zusetzen
Sabine Klingelhöfer: Wenn Pflanzen plötzlich welken, und es nicht an der Trockenheit liegt, haben Sie es meist mit Schädlingen zu tun, die an den Wurzeln fressen – also etwa Wühlmäuse oder verschiedene Arten von Engerlingen. Blattoberseits erkennt man dann häufig entweder Flecken oder Tierchen. Wer dann nicht weiter weiß, kann die kostenlose Pflanzendoktor-App nutzen. Hier wird man durch ein Menü geführt, um den richtigen Schädling zu identifizieren. Alternativ lässt sich das Schadbild mit der Handy-Kamera scannen. Im besten Fall erkennt die App automatisch, um welchen Schädling es geht und was man dagegen tun.

Was kann ich gegen Blattläuse unternehmen
Sabine Klingelhöfer: Für einen naturgemäßen Garten sorgen, in dem sich die natürlichen Feinde der Blattläuse wie Marienkäfer oder Schwebfliegen wohlfühlen. Da hilft zum Beispiel eine Blumenwiese im Garten. Gemüsepflanzen kann man mit einem Schädlingsnetz schützen, durch das Licht und Wasser hindurch gelangen, aber keine Schädlinge. Und schließlich gibt es heute umweltfreundliche Pflanzenschutzmittel wie Spruzit Neem Gemüseschädlingsfrei, das auf Wirkstoffen beruht, die auch in der Natur vorkommen.

Kann ich nützliche Insekten gezielt ansiedeln?
Thomas Heß: Artenreichtum und Vielfalt lockt Insekten fast automatisch an. Sie lieben heimische Gehölze und Stauden und freuen sich über auf Sie abgestimmte Futterpflanzen. Die gibt es als fertige Samenmischungen – von der Bienenweide über die Schmetterlingswiese bis zu speziellen Blumenbeeten für Nachtfalter. Wildbienen schätzen Insektenhotels als Nistplatz und Kinderstube. In der Umgebung solcher Nisthilfen sollten Pflanzen mit Blüten zu finden sein, am besten auch Schalen mit Lehm und Wasser oder Vogeltränken. Für die Überwinterung von Insekten sind Totholzhaufen oder Trockenmauern eine große Hilfe.

Wie bekämpfe ich Buchsbaumzünsler
Sabine Klingelhöfer: Die Raupen des Buchsbaumzünslers kommen meist dreimal im Jahr vor: im April, im Juni und manchmal auch im September. Zu diesen Zeiten können Sie ein biologisches Präparat wie Xentari Raupenfrei spritzen, das auf einem natürlich vorkommenden Bazillus basiert. Es tötet nur die Raupen, die an den Blättern fressen, nichts anderes.

Wie werde ich Dickmaulrüssler und Gartenlaubkäfer los?
Sabine Klingelhöfer: Dagegen helfen die nützlichen HM-Nematoden. Diese winzigen Fadenwürmer kommen auch natürlicherweise im Boden bei uns vor. Man gießt sie mit viel Wasser auf den Boden. Dort dringen sie in die Larven und Puppen der Schädlinge ein und töten sie ganz natürlich ab. Wichtig ist der richtige Zeitpunkt: gegen Gartenlaubkäfer von Juni bis September, gegen Dickmaulrüssler im April/Mai und im September/Oktober, wenn die Engerlinge tatsächlich im Boden vorkommen. Erhältlich sind sie über Bestell-Sets im Fachhandel.

Was hilft gegen Schnecken ohne andere Tiere zu gefährden?
Ingo Schlieder: Beim Einsatz von Schneckenkorn sollten Sie darauf achten, dass es Eisen-III-Phosphat enthält. Dieser Wirkstoff gilt als unbedenklich für die meisten Tiere und zerfällt später zu „Dünger“. Hochbeete für Gemüse gibt es bereits mit integrierter Schneckenbarriere, oder man rüstet sie mit einem selbstklebendem Kupferband nach, das die Schnecken nicht überwinden. Und auch bei der Bepflanzung können Sie Schnecken vorbeugen: Einzelne Staudenarten werden von Schnecken gemieden. Die Hersteller deklarieren die Pflanzen entsprechend.

Kann ich vorbeugend etwas gegen Blattläuse und andere Schädlinge tun?
Ingo Schlieder: Auch hier können Sie schon bei der Auswahl der Pflanzen gegensteuern, denn es gibt eine Vielzahl an Pflanzen, die resistenter gegen Schädlinge sind als andere. Beispiele sind blattlausresistente Salate und mehltauresistente Gurken. Selbst bei den Rosen gibt es Sorten, die von Natur aus frei von Mehltau, Sternrußtau und Rosenrost sind. Ein weiterer Ansatz ist eine artenreiche Bepflanzung, die Nützlinge fördert und auf giftige Pflanzenschutzmittel verzichtet. Umgedreht aufgehängte Tontöpfe mit Holzwolle oder Stroh bieten Unterschlupf für Ohrwürmer, die von dort auf Blattlausjagd gehen. Gegen manche Schädlinge helfen biotechnische Mittel wie Leimringe. Und düngen Sie bedarfsgerecht mit rein organischem Dünger, damit die Pflanzen nicht „mastig“ und anfällig werden.

Wie wende ich natürliche Pflanzenschutzmittel sparsam und gezielt an
Ludger Strunk: Achten Sie vor allem auf eine genaue Dosierung und Menge, damit Sie nicht zu viel Wirkstoff ausbringen und Restmengen vermeiden, die Sie sonst entsorgen müssten. Außerdem spielt das Sprühgerät eine wichtige Rolle: Zum einen sollte es je nach Einsatzzweck mit passenden Düsen bestückt werden können, zum Beispiel mit Hohlkegel- oder Flachstrahldüsen. Zum anderen sollte der Sprühdruck präzise zu steuern sein, denn bei zu hohem Druck ist die Tröpfchenbildung unter Umständen zu fein, bei zu niedrigem Druck hingegen zu groß.

Worauf sollte ich beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln achten
Ludger Strunk: Neben Dosierung und Menge sind vermeintliche Kleinigkeiten wie das Wetter wichtig: Ist es zu heiß, verdunstet das Mittel – ist es zu windig, driftet der Sprühnebel ab. Dabei kommt es auch auf den richtigen Druck an: Zu viel Druck erzeugt eine sehr feine Tröpfchenbildung, die schon bei schwachem Wind abdriftet. Achten Sie zudem auf den Einsatz einer geeigneten Düse. Um Nachbarkulturen vor ungewollter Behandlung zu schützen, können Sie einen Sprühschirm verwenden.

Was versteht man unter einem Pflanzenstärkungsmittel
Thomas Heß: Pflanzenstärkungsmittel dienen der Gesunderhaltung von Pflanzen und sind mit Vitaminpräparaten vergleichbar, die man vorbeugend gegen Erkältungen nimmt. Die Mittel haben keine direkte Wirkung auf Schädlinge und Krankheiten und dürfen es auch nicht, da sie sonst als Pflanzenschutzmittel zählen und wesentlich strengeren Vorschriften unterliegen würden. Stärkungsmittel können mineralische oder organische Präparate sein, aber auch mikrobielle Nutzorganismen wie Pilze oder Bakterien zur Abschreckung von Schädlingen. Pflanzenstärkungsmittel dürfen per Gesetz keinerlei schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf den Naturhaushalt haben.

Welchen Dünger kann ich beim naturnahen Gärtnern unbedenklich verwenden
Ingo Schlieder: Verwenden Sie rein organische Dünger – rein mineralische Kunstdünger wie Blaukorn oder organisch-mineralische Dünger sollten tabu sein. Achten Sie bei organischem Dünger darauf, dass er nicht auf Hornspäne reduziert ist. Diese enthalten vorrangig Stickstoff, was auf Dauer zu einer zu einseitigen Pflanzenernährung führt. Wer unsicher ist, sollte sich im Fachgartencenter beraten lassen, denn die Auswahl an Düngern aus rein organischen Stoffen ist – zum Glück – sehr groß. Ein Tipp: Wer einen eigenen Kompost hat, kann diesen gezielt zur Bodenverbesserung und Grunddüngung nutzen und den Einsatz von Düngemitteln reduzieren.

Wie kann ich Fugen zwischen Pflastersteinen sauber halten, ohne Chemie einzusetzen
Dr. Andreas Mesch: Eine Alternative zum Fugenkratzen ist die sogenannte thermische Unkrautbeseitigung, zum Beispiel mit Thermoflamm bio-Geräten, die entweder mit Gas oder Strom betrieben werden. Sie wirken nachhaltig, indem sie die Zellwände der Unkrautpflanzen mit Hitze zerstören, so dass die Pflanze nach kurzer Zeit von selbst abstirbt. Eine weitere Möglichkeit ist das Brush-System, bei dem rotierende Bürsten unerwünschten Wildwuchs aus den Fugen entfernen.

Meine Thujahecke bekommt seit Jahren immer mehr braune Stellen, einige Pflanzen sind schon ganz abgestorben. Was kann ich dagegen tun
Werner Ollig: Die Thuja stammt aus den gemäßigt-feuchten und kühlen Regionen Nordamerikas, einem Klima, das wir in den wärmeren Regionen Deutschlands schon seit Jahren nicht mehr haben. Besonders die letzten drei Sommer haben den Pflanzen arg zugesetzt: Sie werden anfällig für Parasiten und sterben ab. Deshalb gilt die Empfehlung, abgestorbene Pflanzen zu entfernen und an ihre Stelle bunte Blütensträucher wie Kornelkirsche, Hartriegelarten, Wildrosen oder Hainbuchen zu pflanzen. So entsteht über die Jahre eine ökologisch wertvolle, vielfältig blühende und fruchtende Hecke, die wichtigen Lebensraum für Vögel und andere Tiere bietet.

Die Expertinnen und Experten am Lesetelefon waren
- Werner Ollig, Diplom-Agraringenieur, Leiter der Gartenakademie Rheinland-Pfalz, Neustadt/Weinstraße, Vizepräsident der Deutschen Gartenbaugesellschaft 1822 e.V.
- Ingo Schlieder, Gärtnermeister Fachrichtung Baumschule und selbständiger „Gartendoktor“, Mettmann
- Sabine Klingelhöfer, Gartenbauingenieurin, W. Neudorff GmbH KG, Emmerthal
- Thomas Heß, Gärtner und Gartenbauingenieur, Buchautor und Redakteur für „Selbst ist der Mann“, Bielefeld
- Ludger Strunk, Leiter Entwicklung und Konstruktion, GLORIA Haus- und Gartengeräte GmbH, Witten
- Andreas Mesch, Technischer Leiter, GLORIA Haus- und Gartengeräte GmbH, Witten
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