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Dormago: Internetportal für Dormagen

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„Unsere Gesellschaft muss auf die Verrohung reagieren“

29.04.2021 / 18:13 Uhr — Dormago / duz

Pressefotos Dormagens Bürgermeister bestätigte heute in einem Interview mit Deutschlandfunk Kultur, was auch viele seiner Kolleginnen und Kollegen erleben: Die Anfeindungen gegenüber Kommunalpolitikern haben in der Pandemie zugenommen, vor allem aus der Querdenkerszene. Erik Lierenfeld spricht von einer neuen Qualität: „Das ist wie eine Heuschreckenplage, die über einen herfällt. Es sind nicht zwei, drei Briefe, sondern das kommt dann hundertfach.“ Als er sich in einem Video für das Maskentragen einsetzte, wurde er mit dem Tode bedroht. All das bleibe nicht ohne Folgen. Lierenfeld: „Gerade kurz- und mittelfristig ist es natürlich so, dass man auch anfängt, sein Verhalten zu ändern, ohne dass man das will. Das passiert ganz unterbewusst.“ Denn auch Familie und Freunde seien betroffen. „Man merkt schon, dass man grundsätzlich aufpasst und das Gefühl hat, dass man sich ein bisschen zurücknehmen muss und vielleicht nicht an jeder Stelle ein Statement abgibt, wo man es eigentlich richtig und gerechtfertigt finden würde, nur um solch einen ‚Shitstorm‘ nicht weiter zu forcieren“, sagt der Sozialdemokrat.

Das Interview wurde nicht ganz zufällig geführt. Heute nämlich schaltete die Körber-Stiftung das Portal „Stark im Amt“ durch seinen Schirmherrn Frank-Walter Steinmeier frei. Es ist die erste Schirmherrschaft des Bundespräsidenten für ein Online-Portal. Er sagt: „Unsere Gesellschaft muss auf die Verrohung reagieren. Wir müssen verlorene Zivilität zurückerobern! „Stark im Amt“ ist ein Anfang.“

Das Portal bietet Bürgermeister:innen, Landrät:innen und Ratsmitgliedern einen direkten Zugang zu Informationen und Angeboten, um Übergriffen vorzubeugen, aber auch um die Herausforderungen eines Angriffs zu meistern. Denn die Hälfte der Befragten (46 Prozent), die schon einmal von Hass und Gewalt betroffen waren, fühlen sich stark oder relativ stark belastet. Das Portal nimmt hier eine Lotsenfunktion ein, zeigt Handlungsoptionen auf und hilft mit Kontakten weiter. Stark im Amt ist eine Initiative der Körber-Stiftung in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Landkreistag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund.

In Deutschland ist mehr als die Hälfte der Bürgermeister:innen (57 Prozent) schon einmal beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen worden. Die Mehrheit der Befragten (68 Prozent) hat aus Sorge vor Beleidigungen oder Angriffen sogar ihr Verhalten geändert. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) verzichtet weitgehend auf die Nutzung sozialer Medien. Besorgniserregend für die Demokratie: Ein Fünftel (19 Prozent) hat aus Sorge um die eigene Sicherheit oder die der Familie schon über einen Rückzug aus der Politik nachgedacht, ein Drittel (30 Prozent) äußert sich zu bestimmten politischen Themen seltener als früher. Ein Drittel der Betroffenen (35 Prozent) – in größeren Gemeinden mehr als die Hälfte (57 Prozent) – hat wegen dieser erlebten Hass- und Gewalterfahrungen schon einmal Anzeige erstattet. 18 Prozent der Betroffenen haben bisher keine Anzeige erstattet und wollen dies auch in künftigen Fällen nicht tun. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter 1641 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Auftrag der Körber-Stiftung, durchgeführt vom Meinungsforschungsinstitut forsa.

Umfrage zeigt Angriffe auf die Basis der Demokratie
Kommunalpolitik ist die Basis der Demokratie, Hass und Gewalt dürfen in diesem Feld keinen Platz haben. Frauen und Männer an der Spitze ihrer Verwaltungen in Deutschland berichten jedoch von Vorfällen im beruflichen wie privaten Umfeld. Die Beleidigungen und Bedrohungen verteilen sich dabei zu etwa gleichen Teilen auf persönliche Botschaften wie E-Mails, Briefe oder Faxe (39 Prozent), direkte Begegnungen (35 Prozent) sowie soziale Netzwerke (35 Prozent). Zudem berichteten 5 Prozent von körperlicher Bedrängung und 7 Prozent von Sachbeschädigungen, auch am Privateigentum. Häufig beschränken sich die Täter dabei nicht nur auf die Person, sondern greifen auch in das jeweilige Privat- und Familienleben ein: 25 Prozent der Betroffenen berichteten von Anfeindungen und Bedrohungen gegenüber nahestehenden Personen.
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