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DORMAGO

Entscheidung über Stolperstein für Junghans im Kulturausschuss

19.05.2010 / 2:10 Uhr — duz

Seit fünf Jahren verlegt der Künstler Günter Demnig "Stolpersteine" auch in Dormagen. In Deutschland und mehreren Ländern Europas sind es inzwischen rund 24.000. Er erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er "vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt", wie Demnig auf www.stolpersteine.com betont. Er erhielt für seine Arbeit verschiedene Auszeichnungen, unter anderem wurde ihm 2008 vom damaligen Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble und Ex-Justizministerin Brigitte Zypries der Preis "Botschafter für Demokratie und Toleranz" verliehen.

Bei der jüngsten Verlegung im Stadtgebiet gab es eine plötzliche Änderung: "Auf die ursprünglich geplante Stolperstein-Verlegung für Ernst Junghans in Zons wird zunächst verzichtet, da kurzfristig neue Erkenntnisse vorgelegt wurden, die weitere Recherchen erforderlich machen", hieß es in einer städtischen Erklärung. Die Bedenken stammen von Kreisarchivar Dr. Karl Emsbach, der vier Tage vor der Aktion schriftlich intervenierte. Da stellen sich die Fragen: Gibt es tatsächlich neue Erkenntnisse über die Umstände des Todes von Ernst Junghans und wie ist die Rolle des kommunistischen Widerstandskämpfers insofern zu bewerten? Immerhin beschäftigt sich sogar eine Dissertation mit der Thematik - ohne eine völlige Aufklärung geben zu können. Emsbachs Einlassungen setzen sich darüber hinaus kritisch mit der gesamten Praxis der Stolpersteinaktion auseinander. Er vermisse klare Kriterien bei der Auswahl der Nazi-Opfer, denen gedacht werden soll", schreibt die Neuß-Grevenbroicher Zeitung.

Auf der Ratssitzung am gestrigen Dienstag bedauerte Bürgermeister Peter-Olaf Hoffmann den "zeitlichen Ablauf" und sagte: "Ich finde das selber ausgesprochen unglücklich." Nach dem Schreiben "mit dem Briefkopf des Landrats" hätte die Verwaltung letztlich keine andere Möglichkeit gehabt, als die Verlegung des Stolpersteins für Junghans zu stoppen. Das sei bitter für die Beteiligten, auch für die Schüler, die lange in der Sache recherchiert hatten. Hoffmann: "Ich kann nur um Verständnis werben." Tatsächlich sei das Grundkonzept von Gunter Demnig vor fünf Jahren im Kulturausschuss einhellig beschlossen wurden. In der nächsten Sitzung dieses Gremiums soll über den Stolperstein für Ernst Junghans entschieden werden.

Verlegt wurden indes die Stolpersteine vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Katz an der Krefelder Straße 20. "Es war der letzte Wohnort, den diese jüdische Familie bei uns frei gewählt hat. 1936 mussten Luise, Eva und Hermann Albert Katz der Verfolgung durch die Nazis weichen. Sie wurden zunächst nach Düsseldorf abgemeldet und 1939 gelang ihnen dann, Gott sei Dank, die Flucht nach Chile, sodass sie den Konzentrationslagern und der Gaskammer entrinnen konnten. Trotzdem gehören Sie zu den jüdischen Mitbürgern, die im Dritten Reich Hab und Gut verloren, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden und die unermessliches Leid durch die Ermordung vieler Verwandte und Freunde – auch hier aus unserer Stadt – erlitten haben", erklärte der stellvertretende Bürgermeister Hans Sturm in seiner Ansprache. Und er dankte Nadja Soldin, die die 2006 begonnene Recherche zur Familie Katz erfolgreich fortgeführt hat und die Patenschaft über nun vier Stolpersteine übernommen hat. Foto: Stadt Dormagen Pressefotos