© Suling & Zenk GbR / Erstellt am 18.04.2025 - 14:31 Uhr
20.04.2023 / 16:02 Uhr — Dormago / duz
Dormagen. Als hätte der städtische Eigenbetrieb in der Vergangenheit nicht genügend Probleme gehabt... „Man denkt, man hat alles erlebt, doch da kommt schon wieder etwas Neues“, sagte Bürgermeister Erik Lierenfeld heute Mittag. Und das Neue ist wenig erfreulich: Ein Mitarbeiter des Eigenbetriebs handelte nach Darstellung der Stadt mit immenser krimineller Energie. Interne Prüfungen deckten einen schwerwiegenden Betrugsfall auf. Beim finanziellen Schaden handelt es sich nach ersten Erkenntnissen um eine Gesamtsumme von rund 450.000 Euro. Am 9. März erhielt die Stadtspitze Kenntnis von dem Vorfall. Unmittelbar danach wurden Strafanzeige bei der Polizei gestellt und der Mitarbeiter von der Arbeit entbunden. Zudem wurden „arbeitsbeendende Maßnahmen“ eingeleitet. Lierenfeld informierte heute die Presse zusammen mit dem Technischen Beigeordneten und Interimsleiter des Eigenbetriebs Dr. Martin Brans sowie Rechtsamtsleiter Cem Yilmaz. Die Mitglieder des Eigenbetriebsausschusses und die Fraktionsvorsitzenden hatten bereits Kenntnis.
„Bei einer routinemäßigen Kontrolle wurde festgestellt, dass einer Firmenrechnung keine entsprechende Leistung gegenüberstand“, erklärte Brans. Es geht um einen Auftrag bis 25.000 Euro, bei dem die Anforderungen an die Vergabe geringer sind. Nach der anschließenden hausinternen Feststellung wurden über 30 vergleichbare Fälle entdeckt. Es handelt sich demnach bei der jeweiligen Auftragserteilung immer um den gleichen Sachbearbeiter und zwei beteiligte Firmen. Die entsprechenden Rechnungen seien später vom gleichen Mitarbeiter abgezeichnet worden, obwohl keine physische Gegenleistung vor Ort an der Baustelle vorhanden war. Die Bezahlung ist dann nur noch Formsache. Vorgesetzte prüfen höchstens die sachliche Übereinstimmung von Auftrag und Rechnung. Bei rund 7600 Aufträgen und Ausgaben in Höhe von rund 40 Millionen Euro im Eigenbetrieb 2022 wäre eine weitergehende Prüfung nicht leistbar.
Der Fall hat Auswirkungen auf aktuelle Bauprojekte, da nun ein Mitarbeiter fehlt und mit den offenbar am Betrug beteiligten zwei Firmen die Zusammenarbeit ruht. Um welches Gewerk es sich handelt, wollte die Verwaltung heute mit Blick auf laufende Ermittlungen der Polizei nicht mitteilen. Die Strafanzeigen richten sich im Übrigen gegen „alle Beteiligten“. Um die Hürden für solche Betrugstaten zu erhöhen, wurden inzwischen interne Prozesse überprüft. So wurde die Möglichkeit der Auftragsunterzeichnung durch einen Sachbearbeiter von 25.000 auf 5000 Euro reduziert.
Eigenbetriebsleiter ging zurück zur Polizei
Einen vergleichbaren Fall hat es in diesem Jahrtausend in der städtischen Verwaltung nicht gegeben, sagt Lierenfeld. Bei einer dermaßen intensiven kriminellen Energie und dem Fälschen von Unterlagen sei ein Betrug allerdings kaum zu verhindern. Letztlich aber würden solche Vorfälle immer bekannt, deshalb „verstehe ich den Täter nicht, er hat seine Zukunft verbaut“, meinte der Bürgermeister. Mitarbeiter des Eigenbetriebs wurde er vor etwas mehr als zwei Jahren; er hat gegenüber der Verwaltung sämtliche Vorwürfe bestritten.
Die Ermittlungen bestätigte die Polizei auf Anfrage von Dormago. Währenddessen ist der Chef des Eigenbetriebs wieder zurück bei der Polizei: Frank Wolfgramm war Mitte 2019 vom Polizeipräsidium Düsseldorf ins Technische Rathaus gekommen, wo er den Eigenbetrieb auf Vordermann brachte. Seine erneute Bewerbung bei seinem vorherigen Arbeitgeber war erfolgreich: Seit kurzem gehört er dem Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg an. Die Nachfolge in Dormagen zeichnet sich ab: Der Bürgermeister ist zuversichtlich, bald einen neuen Eigenbetriebsleiter benennen zu können.
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