© Suling & Zenk GbR / Erstellt am 11.07.2025 - 07:58 Uhr

DORMAGO

Mauerfall 1989: Hermann Max erinnert sich

10.11.2019 / 12:19 Uhr — Rheinische Kantorei / bs

Hermann Max ist vielen in Dormagen bestens bekannt. Bis 2006 war der Kirchenmusikdirektor an der Christuskirche. 1992 rief er das Festival „Festliche Tage Alter Musik“ ins Leben, das seit 2007 „Festival Alte Musik Knechtsteden“ heißt und zu den jährlichen Kultur-Highlights von Dormagen gehört.

Max erinnert sich ganz persönlich an den November 1989, als er mit dem Chor Rheinische Kantorei und dem Barockorchester Das Kleine Konzert „zufällig mitten in eine friedliche Revolution“ geriet: „Beide Ensembles reisen am 10. November 1989 nach Leipzig. An diesem Abend wird dort eine Kulturpräsentation des Landes NRW eröffnet. Neben anderen Ensembles sind die Rheinische Kantorei und Das Kleine Konzert eingeladen, um in zwei Konzerten Werke von J.S. Bach und seinem Umfeld (Söhne/Zeitgenossen) aufzuführen. Am Grenzübergang Herleshausen dauert die Abfertigung lange, weil in beiden Richtungen lange Schlangen von Reisenden (PKW, Bus) für Verzögerung sorgen. Auf der Westseite der Grenzkontrolle stehen unzählige glücklich aussehende Menschen, die die DDR bereits verlassen haben und den massenhaft nachkommenden Ausreisenden begeistert zuwinken. Unsere Einreise verzögert sich geringfügig, weil ein kanadischer Sänger des Chores kein Visum hat. Ein sehr freundlicher Grenzbeamter fragt lächelnd, was das Problem sei, und nach 15 Minuten ist das Visum erteilt.

Auf der Busfahrt nach Leipzig – inzwischen ist es fast dunkel – fasziniert die entgegenkommende Lichter-Schlange der Autos – dicht an dicht von Herleshausen bis Leipzig. Als wir ankommen, ist die Eröffnungsveranstaltung NRW/Leipzig schon im Gange. Kurt Masur und Johannes Rau suchen nach diplomatisch korrekten Worten, um die neue Situation zu kommentieren. Verständlich ist, dass irgendwann später erst die Kulturfreundschaft beider Länder zur Sprache kommt.

Unser erstes Konzert findet am 13.11. in der Thomaskirche statt. Als wir uns zur Anspielprobe treffen, hören wir die lauten aber friedlichen Sprechchöre der „Montagsdemonstrationen“ vor dem nahegelegenen Stasigebäude. 80 Zuhörer hören das und unser Konzert. Wir alle verstehen das gut und haben Gänsehaut. Das zweite Konzert soll im Gewandhaus stattfinden, wird aber in die Thomaskirche verlegt, weil Kurt Masur lange Gesprächsrunden im Gewandhaus leitet.

Inzwischen muss Johannes Rau von Leipzig nach Berlin reisen. Mit seinem Dienstwagen ist das wegen der endlosen Staus unmöglich. Ein Hubschrauber bringt ihn direkt an die inzwischen heftig bröckelnde Mauer: Das Wunder. Heute immer noch.“

 

Fotoquelle: Stefan Max (Archivfoto)

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