© Suling & Zenk GbR / Erstellt am 20.04.2024 - 04:02 Uhr

DORMAGO

Lierenfeld: Land muss Flüchtlingskosten voll erstatten

12.09.2018 / 1:54 Uhr — Dormago

Dormagen. In der letzten Sitzung des Hauptausschusses wollte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Jo Deußen mehr wissen "über die im Laufe des Jahres entstandenen erheblichen Abweichungen im Budget des städtischen Fachbereichs Integration." Der Fehlbetrag betrage knapp eine Million Euro. Der Erste Beigeordnete Robert Krumbein machte kein Hehl aus den "negativen Veränderungen bei den Finanzen im Fachbereich" und listete die Gründe auf. Bürgermeister Erik Lierenfeld sieht das Land in der Pflicht.

Krumbein machte deutlich, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) inzwischen deutlich schneller über Asylanträge entscheide. Dies habe zur Folge, dass anerkannte Flüchtlinge in den Bereich des SGB II wechseln und die Stadt keinerlei Erstattungen des Landes mehr erhält. Bei den nicht anerkannten Flüchtlingen führe dies zu einer Ausreisepflicht und der Folge, dass das Land seine Zahlungen an die Stadt nach drei Monaten einstellt. In vielen Fällen ist jedoch aus gesundheitlichen Gründen oder mangels Identitätspapieren eine Ausreise in diesem Zeitraum nicht zu gewährleisten. Tatsächlich bleiben diese Menschen - derzeit rund 70.000 in Nordrhein-Westfalen - aber noch viele Monate oder auch Jahre im Land. Krumbein: "Hier trägt die Kommune dann die vollen Kosten alleine." Zum Stichtag 31. Mai 2018 betraf dies 117 Personen in Dormagen.

Aufgrund der vollständigen Quotenerfüllung in Dormagen bekam die Stadt keine neuen Zuweisungen und weil daneben entgegen der Kalkulation der Familiennachzug nahezu vollständig ausblieb, "sind unsere Unterkünfte derzeit bei weitem nicht voll belegt, erklärt Krumbein." Die Frage einer Beteiligung des Landes an den Vorhaltekosten von nicht belegten Unterbringungseinrichtungen gehöre aktuell ebenfalls zu den Forderungen der Kommunen in Nordrhein-Westfalen.

Am Rande der Präsidiumssitzung des Städte- und Gemeindebundes in Düsseldorf am Montag forderte Dormagens Bürgermeister Erik Lierenfeld vom Land die volle Erstattung der Kosten für die Flüchtlingsunterbringung: "Die Kommunen in NRW sind im Integrationsbereich aktuell deutlich unterfinanziert. Die Landesregierung muss jetzt handeln und dafür sorgen, dass die Integration in den Gemeinden auskömmlich finanziert wird. Die Situation, die wir jetzt haben, ist ungerecht und leistet Vorurteilen gegenüber Geflüchteten Vorschub." Der Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW, der Bergkamener Bürgermeister Roland Schäfer, sah dies ähnlich wie Lierenfeld: "Die Kommunen sind mit einem dreistelligen Millionenbetrag in Vorleistung getreten. Diese Lücke muss rückwirkend zum Jahresbeginn 2018 geschlossen werden."

Die durchschnittlichen Jahreskosten für Unterbringung und Versorgung eines oder einer Geflüchteten liegen aktuell bei rund 13.000 Euro, heißt es in einer Erklärung der Stadt Dormagen. Derzeit werden den Kommunen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz aber nur 10.400 Euro jährlich vom Land erstattet. Dazu kommt die von Krumbein geschilderte Situation bei der Unterbringung und Versorgung Asylsuchender ohne Bleibeperspektive, die entweder geduldet oder ausreisepflichtig sind. "Uns fehlen dadurch bis zu 2,1 Millionen Euro jährlich im städtischen Haushalt, das halte ich schlicht für unzumutbar", betonte Lierenfeld.

Bei der Jahrespauschale nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz liegt der Fehlbetrag in Dormagen bei rund 670.000 Euro. Für die 117 Ausreisepflichtigen, die sich aktuell in Dormagen aufhalten, fallen jeden Monat Gesamtkosten von mehr als 125.000 Euro an. Der Bürgermeister: "Das Land muss noch in diesem Jahr das Flüchtlingsaufnahmegesetz so reformieren, dass die Kosten der Geduldeten und Ausreisepflichtigen bis zu deren tatsächlicher Rückführung vom Land übernommen und die Pauschale angepasst wird." Pressefotos